Unverzichtbar: Frauen bei der Polizei

31. Januar 2016 um 18:56

Frauen bei der Polizei

Bild: Christoph Ruckstuhl / NZZ

Was einmal die Ausnahme war, ist mittlerweile zur Regel geworden. Seit etwa den 1980/1990er Jahren werden ganz regulär Frauen bei der Polizei eingestellt. Das war vorher nicht so und die Polizei war eine reine Männerdomäne. Allenfalls in der Verwaltung oder im Innendiens wurden hin und wieder Frauen beschäftigt. tNicht nur in Deutschland, auch in den anderen europäischen Ländern änderte sich so langsam das Geschlechterbild der Polizei.

Die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) hat hierzu einen sehr guten Artikel verfasst, der einen Einblick gibt, welchen Platz die Frau innerhalb der Polizei hat. Und dieser Platz lässt sich mit einem Wort zusammen fassen: unverzichtbar.

Die NZZ berichtet unter anderem über die 28jährige Polizistin Marine Pilloud, die erst Dezember vergangenen Jahres ihren Eid abgelegt und ins Polizeikorps aufgenommen wurde.

“Sie haben Augen, man könnte sich glatt darin verlieren.” Diesen Satz würde einer ihrer männlichen Kollegen nie zu hören bekommen, aber Pilloud hat ihn schon zweimal gehört. Der Obdachlose, den sie vom Bahnhofsgelände vertreiben muss, weil es dir Regeln so vorsehen, wankt dabei auf die Polizistin zu und lächelt schelmisch. Das Eis ist gebrochen.

Pilloud ist eine von 19 Aspiranten, die ihren Dienst zur gleichen Zeit begonnen haben. Und was vor ein paar Jahren noch undenkbar war, ist nun ganz normal: Das Verhältnis zwischen Männern und Frauen liegt in diesem Fall bei 9:10. Erstmals wurden mehr Frauen als Männer eingestellt.

Pilloud, die bei der Kantonspolizei Neuenburg angestellt ist, genoss ihre Ausbildung zusammen mit den Aspiranten der Kantonspolizei Jura. Beide Kantone bilden gemeinsam aus.

Angesichts dieser Einstellungszahlen fragt die NZZ: “Sind die Frauen drauf und dran, eine der letzten Männerdomänen zu stürmen? Ist der Jahrgang 2015 eine Ausnahme, oder wird Polizist(in) schleichend zum Frauenberuf? Mit welchen Herausforderungen sind die Frauen bei der Polizei konfrontiert, und wie verändert sich das Arbeitsklima? Büsst der Beruf dadurch an Attraktivität ein für die Männer?”

Nachdem die Männerdomäne Polizei gefallen war und nach und nach mehr Polizeien europaweit Frauen einstellten, interessierten sich auch immer mehr Frauen für diesen Beruf. Frauen sahen andere Frauen in Uniform agieren und konnte sich somit auch vorstellen, selbst Polizistin zu werden. Der Schneeballeffekt.

Hinzu komme, so sagt es der Kommandant der Neuenburger Polizei, Pascal Lüthi, der Einfluss der amerikanischen Polizeiserien. Allen voran CSI sieht er mit als Grund, dass Frauen sich mit der Waffe im Anschlag oder mit Handschuhen an den Händen Spuren sichernd vorstellen könnten.

“Kein Wunder”, so Lüthi, “ist es heute für ein zwölfjähriges Mädchen keine Frage mehr, ob es Polizistin werden kann.” Genauso, wie es auch für die frisch gebackene Polizistin Marine Pilloud war. Sie dachte keine Sekunde darüber nach, ob ihr Geschlecht bei ihrem Berufswunsch ein Problem darstellen könnte.

Und so sind auch im Dienst oft die Fähigkeiten einer Frau gefragt. Bei Leibesvisitationen/Durchsuchungen kommt das zum Beispiel zum Tragen. Diese dürfen in der Regel nur gleichgeschlechtlich durchgeführt werden. Wenn eine Frau durchsucht werden muss, werden auch die Brüste abgetastet, um herauszufinden, ob im BH etwas versteckt sein könnte. Das darf eben nur eine Frau, außer es geht um Leben und Tod.

Und das kommt nicht mehr so selten vor wie früher. Vor 40 Jahren etwa war nicht nur die Frauenquote bei der Polizei niedrig, auch die Frau als Täterin war eher selten, wie das Schweizerische Bundesamt für Statistik 2011 berechnet hatte.

In manchen Situation ist es auch von Vorteil, eine Frau in Uniform in den Einsatz zu schicken. Alleine die Anwesenheit einer Polizistin kann manchen zur Räson bringen. Die Anwesenheit einer Frau könne deeskalierend wirken, warum sich auch eigentlich niemand mehr in die Zeit zurück wünscht, als es noch keine Frauen bei der Polizei gab.

Hinzu kommt die allgemein gute Sozialkompetenz der Frauen. Dieser entscheidende Vorteil zeigt sich z.B. bei Vernehmungen, insbesondere bei weiblichen oder kindlichen Opfern von Gewalt. Das Vertrauen in eine Polizistin ist eher da, als in ihren männlichen Kollegen.

Und das Arbeitsklima profitiert ebenfalls von den weiblichen Kollegen. Gibt es also nur Vorteile durch die Einstellung von Frauen bei der Polizei?

Nicht ganz, wo Licht ist, ist auch Schatten. Die Physis der Frauen ist zumeist ein Nachteil. Die Körperkraft unterscheidet sich bei Frauen und Männern und das kann sich im dienstlichen Alltag auch zeigen. Die Polizei ist schließlich Inhaberin des Gewaltmonopols und das muss manchmal eben auch mit Gewalt durchgesetzt werden.

Deswegen wird in der Regel darauf geachtet, dass gemischte Teams auf Streife gehen. Es lässt sich aber bei immer mehr Frauen bei der Polizei nicht verhindern, dass auch mal zwei Kolleginnen zusammen unterwegs sind.

Polizist Thomas Schneider, 36 Jahre alt, gibt zudem zu bedenken, dass er sich für die Sicherheit der Frau verantwortlich fühlt, wenn er mit einer Kollegin unterwegs ist. Die Frau als zu beschützendes Wesen bei der Polizei? Auch das stimmt nicht ganz.

Das Gegenteil beweist die 33jährige Polizistin Julia Boillat, die bereits seit elf Jahren ihren Dienst bei der Neuenburger Polizei versieht. Sie hat dunkelblonde Locken, eine drahtige Statur und einen festen Händedruck und wird von ihren Kollegen “Jul” genannt.

Sie gibt zu, dass man sie nicht ermutigen müsse, in eine Schlägerei einzugreifen, sondern eher zurückhalten. Kein Wunder, trainiert sie bereits seit 15 Jahren Judo und Jiu-Jitsu und ist aktuell im Boxen und Handball aktiv.

“Wenn du Angst hast, dein Nagellack könnte Schaden nehmen, dann bist du bei der Polizei nicht am richtigen Ort”, sagt Boillat. “Ich versuche einen Streit immer zuerst mit Worten zu schlichten. Aber das gelingt nicht immer”, fügt sie an.

Im Gemeinschaftsbüro der Dienststelle hängen zwei Poster, auf denen halbnackte Frauen zu sehen sind. Was anderswo einen Aufschrei wegen Sexismus nach sich ziehen würde, bereitet Jul kein Kopfzerbrechen. “Warum auch?”, sagt sie, “Wenn es mir unangenehm wäre, dass Männer gerne nackte Haut sehen und über Sex reden, dann wäre ich längst nicht mehr bei der Polizei.”

Ganz im Gegenteil schafft sie es mit ihrer Schlagfertigkeit, zuweilen ihre männlichen Kollegen, wenn sie einen Spruch machen, in Verlegenheit zu bringen.

So gewinnt nicht nur die Polizei als Organisation von den Frauen, sondern auch die Zusammenarbeit von Männern und Frauen.

Eine Polizei ohne Frauen? Nicht mehr denkbar.

Den ausführlichen Bericht könnt ihr hier nachlesen.