Leiter der Polizeiinspektion Rostock im Interview

1. Februar 2016 um 15:12
PI-Leiter von Rostock, Michael Ebert

Bild: Georg Scharnweber via nnn.de

“Wir wünschen uns eine Politik, die geschlossen hinter ihrer Polizei steht.”

In der Rostocker Ausgabe der Norddeutsche Neueste Nachrichten ist das Interview des Leiters der Polizeiinspektion Rostock, Michael Ebert, erschienen. Er sagt darin ein paar wichtige Dinge, so unter anderem auch den obigen Satz.

Wir erlauben uns an dieser Stelle die Passagen des Interviews zu zitieren, die auf so ziemlich jede Polizei zutreffen (Fragen der Redaktion mit Pfeil markiert):

Wäre die Rostocker Polizei auf Vorfälle wie in Köln vorbereitet gewesen?

Die Politik bestimmt im Rahmen ihres Primats, durch die Inkraftsetzung von Gesetzen und durch die Bereitstellung von personellen, sachlichen und finanziellen Ressourcen über die Handlungsfähigkeit der Polizei. Ich halte es mit den Worten unseres Innenministers Lorenz Caffier, der sagte, dass wir seit Jahrzehnten im öffentlichen Dienst Personal in Bund und Ländern abgebaut haben, und, dass unsere Polizei auf Schönwetterlagen ausgerichtet wurde. Wir wissen, dass sich die Bundesländer seit Jahren darin überboten haben, bei der Polizei Personal und Ressourcen einzusparen. Die personellen und sachlichen Ressourcen wurden ausschließlich an den Bevölkerungszahlen und an der aktuellen Kriminalitäts-, Verkehrsunfall- und Einsatzlage orientiert. Aus meiner Sicht kann man Polizeistärken und Ausstattung nicht ausschließlich an Bevölkerungszahlen und an Alltagslagen bemessen. Polizei muss immer freie Ressourcen besitzen, um auf denkbare und wahrscheinliche Szenarien in der Gesellschaft vorbereitet zu sein.

Und so ist die Sichtweise der Politik nicht?

Ich kann mich an Zeiten erinnern, als Landespolitiker dafür eintraten, Polizeihubschrauber und Maschinenpistolen bei der Polizei abzuschaffen. Auch wurde darüber diskutiert, ob ein zweites Pistolenmagazin notwendig sei. Wir haben die Polizeistärke im Rahmen des Benchmarking mit der Polizeistärke und -dichte mit anderen Ländern verglichen. Davon ist gegenwärtig nicht mehr die Rede. Das Ressourcenproblem, das wir innerhalb der Polizei haben, zeigt sich momentan insbesondere im Bereich der geschlossenen Einsatzkräfte.

Sie haben den Personalabbau bei der Polizei angesprochen. Wie viele Leute fehlen in Rostock?

Wenn ich auf Rostock schaue, dann stelle ich fest, dass wir hinsichtlich der zur Verfügung stehenden Polizeibeamten in den zurückliegenden Jahren so ziemlich personelle Kontinuität haben bewahren können. Aber die Aufgaben, die auf uns zugekommen sind, sind viel komplexer und vielfältiger geworden. Die Ansprüche, die sich an uns richten, haben einen viel größeren Umfang angenommen. Beispielsweise sind wir sehr aktiv im Bereich der herausragenden Sexual- und Gewaltstraftäter. Wir nehmen eine Menge Aufgaben rund um das Thema Fußball wahr. Sehr intensive Maßnahmen betreiben wir im Zusammenhang mit vermissten Kindern und Jugendlichen. Gemeinsam mit der Hansestadt Rostock erarbeiten wir Konzepte für Großveranstaltungen wie den Weihnachtsmarkt oder die Hanse Sail. Das bindet Kräfte. Auch die Dokumentationsaufgaben meiner Mitarbeiter im Streifendienst sind viel umfassender geworden. Wenn wir heute einen Sachverhalt auf der Straße feststellen und aufnehmen, benötigen wir die gleiche Zeit noch einmal im Büro, um diesen Sachverhalt umfassend zu verschriften. Erwähnen will ich auch die Dinge, die uns zukünftig erfolgreich machen sollen, Maßnahmen der DNA-Erfassung und der erkennungsdienstlichen Behandlung. Die Qualität unserer Arbeit ist eine deutlich andere als noch vor Jahren, die Zusammenarbeitserfordernisse sind deutlich gestiegen und wir haben zusätzliche Tätigkeitsfelder dazu bekommen.

Läuft das auf die Frage hinaus, ob mit den derzeitigen Voraussetzungen alle Herausforderungen gemeistert werden können?

Es steht die Frage, ob wir auf die unterschiedlichen Entwicklungen und denkbaren Szenarien, die auf unsere demokratische Gesellschaft zukommen können, vorbereitet sind. Demokratie muss wehrhaft ausgestaltet sein und die notwendigen Instrumente besitzen, um Angriffen auf die Demokratie wirkungsvoll zu begegnen. Hier ist die Politik gefordert.

Was wünschen Sie sich insgesamt für eine gute Polizeiarbeit im Jahr 2016?

Wir wünschen uns eine Politik, die geschlossen hinter ihrer Polizei steht. Wir wünschen uns Medien, die nicht sofort über die Polizei herfallen und grundsätzlich und alle Maßnahmen der Polizei infrage stellen. Ebenso wünschen wir uns Menschen und eine Gesellschaft, die sich zu ihrer Polizei bekennen. Insgesamt wünschen wir uns Rahmenbedingungen, die zulassen, dass die Polizei ein neues und eigenes Selbstbewusstsein entwickelt.

Das komplette Interview könnt ihr hier nachlesen:

http://www.nnn.de/lokales/rostock/brauchen-politik-die-hinter-der-polizei-steht-id12595456.html

Richtige und wichtige Worte des PI-Leiters! Insbesondere den letzte Absatz halten wir wichtig für die Zukunft von Polizei und Demokratie.