Beurteilungsverfahren abenteuerlich: Wenn Linientreue mehr zählt, als Eignung, Leistung, Befähigung
Über das Beurteilungsverfahren kann so mancher Kollege ein Liedchen singen und nun traf es einen recht bekannten Vertreter, nämlich Dieter Schäfer von der Polizei Mannheim:
In Baden-Württemberg trat 2014 eine Polizeireform in Kraft, die die Organisation umstrukturierte. Wegen dieser umfangreichen Umstrukturierung wurden neue Polizeipräsidenten und deren Stellvertreter ernannt. Doch bereits bei diesem Auswahlverfahren hakte es.
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe befand die Stellenbesetzungen für regelwidrig, da nicht für alle Bewerber aktuelle Beurteilungen vorlagen. Hier musste das Innenministerium neu entscheiden und stellte die weiteren Personalentscheidungen einstweilen zurück.
Für die Verkehrsdirektion Mannheim wurde dann auch ein neuer Leiter gesucht und Dieter Schäfer hatte diese Position bereits kommissarisch inne.
Er bewarb sich, neben anderen, für diesen Posten und bekam 2015 eine Absage. Der Vertreter des Innenministeriums bekam den Vorzug. Doch scheint bei dieser Stellenbesetzung nicht alles mit rechten Dingen gelaufen zu sein.
Zu diesem Ergebnis kommt jedenfalls abermals das Verwaltungsgericht (VG) Karlsruhe, bei dem Kollege Schäfer Beschwerde einlegte. Das VG fand recht deutliche Worte, indem es durchgreifende rechtliche Bedenken gegen die Neubesetzung hatte, die Beurteilungszeiträume seien unzureichend.
Dass das Innenministerium ihren eigenen Vertreter in seiner Befähigung so viel besser einschätzte als Schäfer, fand das VG eklatant, abenteuerlich und auffallend und stoppte per einstweiliger Anordnung die Stellenbesetzung. Zudem forderte das Gericht, dass die Beurteilung Schäfers korrigiert werden müsse und dies wohl in einer Korrektur der Auswahlentscheidung münden könne.
Erst im vergangenen Jahr war Schäfer von Innenminister Reinhold Gall für “herausragende Verkehrspräventionsarbeit” ausgezeichnet worden. Zudem hatte er bei den Kurdenkrawallen 2012 hervorragende Leistungen bewiesen, als er den Einsatz damals leitete. Sein Buch Die Gewaltfalle, Gewalt gegen Polizei ächten stellten wir bereits vor.
Für seine Einsatzleitung und die damit verbundenen Entscheidungen bekam Schäfer viel Lob aus den eigenen Reihen und wird von seinen Kollegen hoch geschätzt. Auch dies wurde scheinbar nicht ausreichend beim Auswahlverfahren gewürdigt, wie es heißt.
Warum also wurde nicht Schäfer für den neuen Leiter der Verkehrsdirektion ausgewählt, obwohl er entsprechende Verdienste und Erfahrungen für die Leitung dieser Behörde vorzuweisen hatte?
Obwohl Schäfer fachlich und menschlich von seinen Kollegen geschätzt wird und als integer gilt, dürfte eine weitere Eigenschaft im Innenministerium wenig Freude bereitet haben: er behält seine Meinung nicht für sich.
Zu den Kurdenkrawallen schrieb er oben genanntes Buch, darüber, wie seine Kollegen an der Front den Einsatz erlebten, wie die Einsatznachbereitung verlief und was man für die Polizeiarbeit daraus lernen kann. Diese Handlungsanleitungen könnten von der Führungsebene in der Landeshauptstadt Stuttgart kritisch gewertet worden sein.
Eignung, Leistung und Befähigung, das Leistungsprinzip im Beamtenrecht, nachdem im Beurteilungsverfahren über eine Beförderung oder Stellenbesetzung entschieden wird, waren im Falle Schäfers wohl nicht ausreichend, da er sich gegenüber seinen Mitarbeitern kollegial, ja menschlich verhält und kein Blatt vor den Mund nimmt.
Die Stelle des Leiters der Verkehrsdirektion Mannheim muss nun neu ausgeschrieben werden. Schäfer deutete an, sollte er nun abermals nicht berücksichtigt werden, erneut den Rechtsweg zu beschreiten. Dann müsste das VG Karlsruhe erneut entscheiden, notfalls eben der VGH Mannheim.
Ein Polizist, der sich durch seine Leistungen bereits die Achtung seiner Mitarbeiter erarbeitet hat und für das einsteht, wovon er überzeugt ist. Ein Mensch in Uniform, der seine Meinung klar äußert, bei dem man weiß, wo man dran ist.
Wir wünschen ihm für seinen weiteren Werdeweg viel Erfolg und ein faires und objektives Beurteilungs- und Auswahlverfahren.