Bewegtes Leben: “Mutter der Polizistinnen” Hamburgs stirbt mit 101 Jahren
Wir möchten ihrer Gedenken und sie mit diesem Beitrag ehren.
Rosamunde Pietsch, geboren am 02.02.1915, entschloss sich direkt nach dem Zweiten Weltkrieg als Tochter in einer Polizistenfamilie dazu, selbst Polizistin zu werden. Zu dieser Zeit eigentlich undenkbar und dieser Umstand zog sich auch durch ihr Leben bei der Polizei. Dennoch hatte die resolute Frau es sich in den Kopf gesetzt und ihr Ziel erreicht.
Am 25. Oktober 1945 zog sie, 30 Jahre jung, in die Polizeikaserne in Hamburg Altona ein. Damit erfüllte sich für sie ein Traum. Zusammen mit 44 weiteren Frauen belegte sie den ersten Lehrgang nach dem Krieg zur weiblichen Schutzpolizei, kurz WP.
Damals, nach den Kriegwirren, trugen die Polizisten noch Zivil. Es gab keine Uniformen, lediglich mit einer weißen Armbinde “bewaffnet” sah man die noch wenigen Polizisten auf der Straße. Es wurde Hände ringend nach Polizisten gesucht.
Die Ausbildung war den Umständen geschuldet sehr kurz. In lediglich zwei Monaten wurden die wichtigsten Gesetze gelernt, ein paar Griffe zur Selbstverteidigung einstudiert und dann ging es auch schon los. Ihre erste Dienststelle nach der Ausbildung war die weltbekannte Davidwache auf der Reeperbahn. Danach ging es zum Revier am Hauptbahnhof.
“Als wir in blauer Uniform zum ersten Mal unterwegs waren, blieben die Menschen staunend stehen”, erinnerte sich Pietsch zu ihrem 90jährigen. Wobei diese Uniform aus heutiger Sicht etwas merkwürdig anmuten würde: Die WPs trugen Jacke, knielanger Rock und eine Brosche mit der Aufschrift “Polizei”.
Pistole? Fehlanzeige. Funkgerät? Ebenso. So gingen die WPs zu Fuß auf Streife. Brauchten sie Unterstützung, dann riefen sie die männlichen Kollegen per Trillerpfeife. Aber das war Pietsch nicht genug, sie wollte mehr.
So qualifizierte sie sich 1948 als einzige Frau unter 40 Männern zum sogenannten Oberbeamtenanwärterlehrgang, den sie auch bestand. 1953 erfolgte der nächste Karriereschritt. Ebenfalls wieder als einzige Frau unter lauter Männern ging sie ins westfälischen Hiltrup und ließ sich dort zur Polizeikommissarin ausbilden.
Auch hierzu gibt es eine Anekdote, die Pietsch dem Hamburger Abendblatt anvertraute: “Der Schulleiter fiel fast um, als er meinen Namen aufrief. Er wollte mich sofort nach Hause schicken.”
Dennoch bestand sie auch diese Ausbildung und wurde damit Hamburgs erste Kommissarin. 1961 gründete sie die erste Jugendschutztruppe der Polizei Hamburg und kümmerte sich fortan um die Probleme der Kinder und Jugendlichen.
1975 erfolgte dann ihre Pensionierung als Polizeihauptkommissarin und sie schaute mit ein wenig Stolz auf ihren dienstlichen Werdegang zurück: “Ich hatte nie ernsthafte Schwierigkeiten, mich in der Männerwelt durchzusetzen. Wurde ich belächelt, habe ich versucht, mich mit Überzeugungskraft durchzusetzen.”
Dies brachte ihr die Bezeichnung “Mutter der Hamburger Polizistinnen” ein, auf den sie bestimmt stolz gewesen sein dürfte, wozu sie auch allen Grund hatte. Auch nach ihrer Pensionierung blieb sie der Polizei und auch der Gewerkschaft der Polizei Hamburg treu und engagierte sich zudem in der Arbeiterwohlfahrt.
Am 18. Mai 2016 starb Rosamunde Pietsch im stolzen Alter von 101 Jahren.
Ein langes, erfülltes und bewegtes Leben, als Mensch, als durchsetzungsstarke Frau in einem Männerberuf und auch als Polizistin.
Liebe Rosamunde, liebe Kollegin, wir erheben dir zu Ehren die Hand zum Gruß und bedanken uns mit diesem Ehrensalut für deinen Einsatz! Für uns wirst du immer zur Polizeifamilie gehören.
Ruhe in Frieden!
http://m.abendblatt.de/hamburg/article106953321/Die-Mutter-der-Polizistinnen-wird-90.html