ACAB keine Kollektivbeleidigung

3. Juli 2016 um 01:10

ACAB keine KollektivbeleidigungBundesverfassungsgericht setzt Rechtsprechung aus dem vergangenen Jahr fort, ABER: Entscheidung ist kein Freibrief, sondern immer abhängig vom Einzelfall

Im vergangenen Jahr fällte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Entscheidung, dass der Schriftzug “ACAB” oder “FCK CPS” nicht per se als Beleidigung eingestuft wird. Damals ging es um eine Jugendliche, die ein T-Shirt mit diesem Schriftzug trug.

Nun hat das BVerfG in zwei Fällen entschieden, dass ein Banner im Fußballstadion mit dem Schriftzug “ACAB” keine Kollektivbeleidigung sei und setzt damit seine Rechtsprechung aus dem vergangenen Jahr fort.

http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2016/bvg16-036.html

Die EM läuft und unsere Nationalmannschaft steht im Viertelfinale gegen Italien. Aber auch die bevorstehende neue Bundesligasaison 2016/17 wirft schon ihre ersten Schatten voraus.

In vielen Foren brodeln die Gerüchteküchen, welcher Spieler wohl wohin wechselt, welcher Kader wie aussehen wird und wie die Chancen des Lieblingsclubs wohl sein werden.

Eigentlich alles Dinge, die, auch bei mir als Fußballfan, schon jetzt Vorfreude auslösen.

Aber da ich nicht nur Fußballfan bin, sondern in erster Linie Polizist, mache ich mir in Bezug auf das kommende Spektakel auch immer meine Gedanken darüber, was auf uns als Polizei wohl wieder alles zukommen wird.

Nachdem es ein paar Jahre lang etwas ruhiger war, jedenfalls kam es mir so vor, wurde es in den letzten Jahren wieder extremer was Ausschreitungen im Rahmen von/bei Fußballspielen betrifft. Dies war nicht nur in den ersten beiden Ligen der Fall, sondern es kam hinzu, dass Ausschreitungen auch in den unteren Ligen immer häufiger vorkamen und auch dort Polizeieinsätze immer häufiger erforderlich wurden.

Nun sollte es Aufgabe sein, sowohl seitens der Vereine/Verbände, der Fans und der Polizei, schon im Vorfeld eines jeden Spiels zusammen zu arbeiten, um Ausschreitungen möglichst ausschließen zu können.

In Bezug hierzu kommt es dann natürlich ziemlich ungelegen, dass das Bundesverfassungsgericht am 24.06.2016 per Pressemitteilung eine Grundsatzentscheidung vom Mai 16 veröffentlichte, in der es um die sogenannte Kollektivbeleidigung von Polizisten geht und dies dann genutzt wird, um irreführende, rechtlich bewertende, Kommentare in den Medien zu platzieren.

Um es ganz verkürzt darzustellen:

Verkündete das BVerfG, dass das zeigen des Schriftzuges ACAB nicht zwangsläufig eine strafbewährte Beleidigung von Polizisten darstellt und zwar dann nicht, wenn das zeigen des Schriftzuges allgemein gemeint ist und einer nicht einzugrenzenden Gruppe von Polizisten gilt.

Hierzu wurden dann seitens des BVerfG auch zwei Urteile dahingehend aufgehoben bzw. wurde zwei Beschwerdeführern, die aufgrund von Verurteilungen wegen Beleidigung das BVerfG angerufen hatten, Recht gegeben.

Der Schriftzug ACAB wird gerne und zumeist von “Fans” genutzt, die häufig der Ultraszene zuzuordnen sind. Meist finden Ausschreitungen auch aus dieser Szene heraus statt, wobei es nicht so ist, dass alle “Ultras” gewaltbereit sind.

Im Sinne eines friedlichen Fußballerlebnisses ist es dann natürlich nicht förderlich, wenn zu diesem Thema in Medien Kommentare von Personen veröffentlicht werden, die offensichtlich den Ultragruppierungen nahe stehen und die zudem bei der rechtlichen Bewertung der Entscheidung des BVerfG erhebliche Lücken im Rechtswissen zeigen oder bewusst tendenziös diese Entscheidung darstellen und so ein Bild vermitteln, welches schlicht falsch ist.

Siehe folgenden Kommentar des Fußballmagazins Westline:
http://www.westline.de/neben-dem-platz/bundesverfassungsgericht-ein-paar-worte-zum-thema-acab

Die Verfasserin dieses Kommentars stellt hierin eine Generalaussage hinsichtlich der Kollektivbeleidigung dar, was natürlich in Bezug auf das Strafrecht so nicht möglich ist, da im Strafrecht jede Entscheidung eine Einzelfallentscheidung ist!

So suggeriert sie, dass die Nutzung des Schriftzuges quasi bedenkenlos genutzt werden kann, was selbstverständlich nicht der Fall ist und das BVerfG so auch nicht festgestellt hat. Denn was eine einzugrenzende Personengruppe darstellt, muss auch im Einzelfall festgestellt werden und es kommt auch auf die Art und Form der Darstellung des Schriftzuges an und auf das Verhalten/die Vorgehensweise der Person die den Schriftzug zeigt.

Also spielen viel komplexere Faktoren bei der rechtlichen Bewertung eine Rolle, als es die Verfasserin darstellt.

Der sehr tendenziöse Kommentar der Verfasserin ist leider geeignet, Leuten ein falsches Rechtsverständnis zu vermitteln (auch durch die Verharmlosung der Nutzung von Pyrotechnik in Stadien und damit in Menschenmengen) und ist somit äußerst irreführend, vor Allem jedoch leistet dieser Kommentar dem Eskalationspotential Vorschub.

Das ist natürlich im Sinne des friedlichen Fußballerlebnisses absolut kontraproduktiv und widerspricht dem Schlusssatz der Verfasserin schon im Grundsatz, in welchem sie einen fairen Umgang miteinander fordert, um solchen Geschmacklosigkeiten vorzubeugen. Sie zeigt zuvor jedoch in ihrem Kommentar ihr offensichtlich gestörtes Verhältnis zur Polizei eindeutig.

Und so finden sich auch an anderer Stelle im Internet entsprechende Jubelrufe, man könne die Polizei im Einsatz bedenkenlos ein ACAB entgegen rufen oder zeigen, ohne Folgen befürchten zu müssen. Aber das stimmt so nicht.

Wer Fairness und friedlich Fußball erleben will, der sollte nicht losziehen und andere, im Falle von ACAB also Polizisten, beleidigen. Der Schriftzug muss nicht, kann aber eine Beleidigung darstellen.

Pyro in Stadien ist verboten und darf deshalb nicht genutzt werden. Man sollte sich also zunächst mal an rechtliche Gegebenheiten halten, wenn man gleichzeitig ein Miteinander und Fairness fordert.

Daher, im Sinne der Vorfreude auf die kommende Saison und der Hoffnung auf weniger Ausschreitungen, sollte man tatsächlich miteinander arbeiten und nicht nur vordergründig die Forderung dazu stellen.