Leserbrief: Einsätze, die man nicht vergisst

25. Mai 2017 um 20:36

Leserbrief: Einsätze, die man nicht vergisst

Es gibt Einsätze, die bleiben einem, denke ich, ein Leben lang im Kopf. Wenn sie auch nicht ständig präsent sind, aber doch immer wieder hochkommen.

Bei mir sind es zwei, die ich zwar verarbeitet habe, aber sie dennoch ein Leben lang im Kopf behalten werde. Die Erinnerung daran verblasst zwar und sie spielen nur noch eine Rolle, wenn man ähnliche Fälle bearbeitet.

Letztes Jahr war im Grunde ein Jahr zum abhaken. Gute Freunde von mir sind bei Verkehrsunfällen ums Leben gekommen oder eines natürlichen Todes gestorben, oder eben es waren Einsätze, die mich letztes Jahr tief getroffen haben.

Ein Fall war, zu einem Suizid gerufen zu werden und dies außerhalb der Dienstzeit, da es einen guten Freund betroffen hat. Die Mutter hatte ihren Sohn gefunden und rief uns, mich als Polizist und einen befreundeten Arbeitskollegen der Rettung, weil sie nicht wusste was zu tun war.

Am Telefon sagte sie lediglich “Es ist etwas schlimmes passiert, komm bitte!”. Natürlich ohne weiter zu fragen fuhr ich hin, so auch der Kollege der Rettung. Wir wussten beide nicht was los war und fanden unseren Freund im Keller vor. Er hatte sich erhängt. Wir informierten sofort die Kollegen und holten unseren Freund da runter in der Hoffnung, dass er doch noch lebt, aber leider war dies nicht der Fall.

Der zweite Fall, der mich tief getroffen hat, war ein Einsatz zu einer häuslichen Gewalt. Es war schlimm zu sehen, was dort vorgefallen war. Der Mann stand noch mit seinem Baseballschläger über seinen Opfern, seiner Frau und Tochter. Nur mit Drohung die Waffe einzusetzen, ließ er den Baseballschläger fallen. Die alarmierten Kollegen der Rettung, versorgten die Opfer und brachten sie ins Krankenhaus, wo zwei Tage später beide ihren Verletzungen erlegen sind.

Solche Bilder und Gefühle begleiten uns ein Leben lang, auch wenn sie – wie gesagt – irgendwann in den Hintergrund rücken. Man kann oder vielmehr lernt mit diesen Bildern zu leben. Was bleibt einem auch anderes übrig? Wenn man dieses nicht lernt, dreht man irgendwann durch.

Danach muss man weitermachen, wie immer. Muss sich Fragen stellen lassen, warum man gerade eine bestimmte Person kontrolliert oder warum hier eine Straße gesperrt ist. So ist das Leben, die Menschen sehen einen unentspannten Kollegen und motzen, aber dass er vielleicht genau diese Bilder im Kopf hat oder wegen eines schwierigen Einsatzes betrübt ist, weiß keiner.

Der Autor ist uns namentlich bekannt, er möchte jedoch anonym bleiben.