Personalsituation: höchst unterschiedlich

26. Mai 2017 um 19:04

Personalsituation: höchst unterschiedlichDie Personaleinsparungen der vergangenen Jahre in Deutschland waren schon öfter Thema bei uns. Dass hier eine Trendwende her muss und so langsam auch erkennbar wird, ebenfalls. Nur gehen die verschiedenen Bundesländer unterschiedlich damit um, wie sie nicht nur die in den nächsten Jahren in Pension gehenden Kollegen ersetzen, sondern Personal aufbauen möchten.

Wir haben uns zwei aktuelle Beispiele heraus gesucht, um die unterschiedlichen Ansätze und auch Probleme vorzustellen: Brandenburg und Nordrhein-Westfalen. Zum Schluss wagen wir noch einen Blick über den Tellerrand hinaus und schauen uns die Situation in Fernost an.

 

Brandenburg

In Brandenburg gehen jedes Jahr etwa 300 Polizisten in den Ruhestand, 350 sollen hingegen eingestellt werden, um nicht nur die in Pension gehenden Kollegen zu ersetzen, sondern den Personalkörper aufzubauen.

Die Fachhochschule der Polizei in Oranienburg hat jährlich etwa 4.000 Bewerber. Zunächst eine beeindruckende Zahl, die aber im Verlauf des Einstellungsverfahrens stark relativiert wird. Denn entscheidend ist nicht die Zahl der Interessenten, sondern wie geeignet die Polizisten in spe für den Polizeidienst sind.

Und hier sind die Zahlen ebenso beeindrucken, allerdings im negativen Sinne: 30 Prozent der Bewerber fallen im Sporttest durch, weitere 40 Prozent zeigen nicht die notwendige psychische Stabilität und dann gibt es noch einige, die beim Deutschtest durchfallen.

Das Land Brandenburg hat daher Probleme, genügend geeignete Bewerber für die freien Stellen zu finden, weshalb es nun bei den Nachbarn in Polen auf Bewerbersuche geht. Man verspricht sich hier einen Vorteil für beide Seiten: geeignete Bewerber für die offenen Stellen und Polizisten mit Sprachkenntnissen, die man im Kontakt mit polnischen Bürgern benötigt.

Der Präsident der Polizeischule in Oranienburg, Rainer Grieger, erklärt: “Zum einen wenn wir mit polnischen Bürgern zu tun haben, was sehr häufig der Fall ist. Wir haben große Verkehrsadern von West nach Ost und von Ost nach West. Zum anderen arbeiten wir sehr eng mit der polnischen Polizei zusammen und so können wir uns viel besser verständigen.”

Die ersten polnischen Bewerber haben es geschafft und werden bald ihre Ausbildung antreten. Auch für sie war der Einstellungstest nicht gerade einfach, allerdings zeigt sich ein ganz anderes Problem: die deutsche Sprache. Wer sie nicht beherrscht kann an einem sechswöchigen Deutschkurs teilnehmen, der der Ausbildung vorgelagert wird. Denn während der Ausbildung soll es gegenüber den deutschen Bewerbern keine bevorzugte Behandlung geben, wie betont wird.

Nordrhein-Westfalen

In Nordrhein-Westfalen sieht die Situation völlig anders. Zwar sind die Zahlen hier im Verhältnis völlig anders, aber davon abgesehen hat es die Polizei hier einfacher bei der Bewerbersuche. Denn die gibt es zur genüge.

Rund 9.000 Interessenten bewerben sich hier jährlich bei der Polizei um eine der 2.000 Ausbildungsstellen zu bekommen. Laut der Sprecherin des Landesamts für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten (LAFP) ist das ein Rekord und um die Neubesetzung frei werdender Stellen brauche man sich keine Gedanken zu machen.

Lars Golder, Personalwerber bei der Kreispolizeibehörde Viersen: “Junge Leute waren schon immer an der Polizei interessiert. Woher diese Begeisterung kommt, wissen wir allerdings nicht.” Vielleicht liegt es daran, dass der Polizeiberuf sehr abwechslungsreich ist.

Andererseits gibt der 60-jährige Führungsstellenleiter der Kriminalpolizei Viersen, Wolfgang Wiese, der bald in den Vorruhestand geht, zu bedenken: “Polizist zu sein, hat auch eine soziale Komponente, einen moralischen Wert. Man tritt ein für den Schutz der Bevölkerung.”

Japan

In Japan sieht die Lage völlig anders aus. Wir möchten die Situation dort auch nicht als positives Beispiel nennen, denn dort sind die Uniformierten mittlerweile allgegenwärtig, was zu Folgen in zweierlei Hinsicht führt.

Die Polizisten in Japan sind zunehmend unausgelastet. Während die japanische Regierung seit 2002 das Personal um 15.000 Stellen auf landesweit 259.000 gesteigert hat, sank die Kriminalitätsquote rapide.

Während 2002 noch 2,9 Mio. Straftaten (ohne Verkehrsdelikte) erfasst wurden, waren es 2015 rund 60 Prozent weniger, nämlich 1,1 Mio. Warum das so ist, erklärt sich durch das japanische Polizeikonzept, das darauf ausgelegt ist, dass Polizeistationen leicht erreichbar sind und Polizisten auf der Straße auch anzutreffend sind.

Die “Koban” (Polizeidienstellen) findet man überall, auch an kleineren Bahnhöfen und die Polizisten werden als “Omawari-san” bezeichnet, was übersetzt so viel wie Herr Herumlaufend heißt. Eine treffende Bezeichnung für die Situation dort, denn die japanische Polizei braucht dafür Personal, um in den Städten und Stadtteilen präsent zu sein. Und das hat sie auch.

Abgesehen von der reinen Polizeiarbeit leisten die Polizisten dort auch Aufklärungs- und Vorbeugungsarbeit. Fast wie Sozialarbeiter kümmern sie sich um junge Straftäter, damit sie nicht wieder straffällig werden. Mit Erfolg, denn nur 45 Japaner je 100.000 Einwohner befinden sich im Gefängnis, das sind nur halb so viel wie in Deutschland.

Japan zeigt also beeindruckend, dass mehr Polizisten auch dazu führen, dass die Polizei wahrgenommen wird und die Bürger sich sicherer fühlen, was zu weniger Straftaten und damit auch zu weniger Straftätern führt. Und selbst um die, die straffällig wurden, kümmert sich die Polizei dort präventiv, wofür sie ebenfalls über das notwendige Personal verfügt.