Leserbrief von Mattes: Kritik an Feier von Berliner Polizisten in Hamburg gerechtfertigt?
Wie heute zahlreichen Medien zu entnehmen ist, wurden drei Einsatzhundertschaften aus Berlin, die ihre Hamburger Kollegen beim Einsatz während des G20-Gipfels unterstützen sollten, vorzeitig nach Hause geschickt. Die Polizisten, die in einem ehemaligen Containerdorf für Asylbewerber untergebracht waren, sollen in ihrer Freizeit eine große Sause veranstaltet haben.
Von einer lautstarken Party ist da die Rede, von Urinieren an einen Zaun, Sex unter freiem Himmel (innerhalb der Unterkunft) und Wasserpfeiferauchen. Scheinbar ist auch etwas zu Bruch gegangen. Weiter wollen wir darauf nicht eingehen, da dies bereits die Medien übernommen haben.
Sicher kann man ein solches Verhalten vor dem Hintergrund der außerdienstlichen Wohlverhaltenspflicht des Beamtenrechts nicht gutheißen. Was in diesem Zusammenhang aber einen schalen Beigeschmack hinterlässt, ist die Tatsache, dass laut Medienberichten Wachschützer des Containerdorfs im Auftrag der Hamburger Einsatzleitung Fehlverhalten der Berliner Kollegen dokumentieren und melden sollten.
Fragwürdig ebenso, wie es geschehen konnte, dass Bilder dieser Party an die Medien gelangten, die diese schamlos ausschlachten. Tatsächlich ein Polizeiskandal?
In diesem Zusammenhang erreichte uns die Zuschrift eines Polizisten. Mattes, kein Berliner Polizist, möchte hinsichtlich der Party der Berliner Kollegen einen Denkanstoß geben:
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Liebe Medienwelt!
Ich verstehe sicher ebenso wenig von Eurer Arbeit, wie Ihr vom Dienst eines Polizisten.
Gerade Berliner Kollegen sind gebeutelt genug. In den vergangenen Wochen wurden immer wieder aus Hinterhalten einzelne Beamte angegriffen. Ich möchte in keiner Einsatzhundertschaft meinen Dienst verrichten. Wenig freie Wochenenden, tausende Überstunden, ständig weg von zu Hause.
Viele Kollegen aus den Hundertschaften sehen seltenst Frau und Kinder. Die Ehen gehen zu Bruch. Wofür ein Haus bauen und finanzieren, wenn man mehr im Grukw wohnt, als zu Hause?
Wofür zuhause bekocht werden, wenn man doch Verpflegungsbeutel mit gammeligen Schnitzeln im Einsatz bekommt.Die Polizei ist eh schon die zweite Familie für die meisten.
Wenn dann mal der Druck abfällt, dann wird auch mal gefeiert. Das muss man den Beamten doch bitte auch zugestehen.
Falls hier Straftaten begangen werden, so soll und muss hier unbedingt ermittelt werden. Aber hier hunderte Kollegen über einen Kamm zu scheren, das ist einfach nur FALSCH.
Bitte lasst der Polizei doch mal die Wertschätzung zukommen, die sie verdient.
Jeden Tag retten Polizisten in Deutschland viele Menschenleben – berichtet wird hierüber nur selten.
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Der Autor ist uns namentlich bekannt. Der Leserbrief gibt die persönliche Meinung des Autors wieder.
Sehe ich ähnlich. Allerdings gilt immer noch: Dienst ist Dienst, und Schnaps ist Schnaps. Das heisst, so eine Feier sollte doch gänzlich vom Dienst getrennt werden. Herumtanzen auf dem Tisch ist o.k., notfalls auch nackig. Aber mit Dienstpistole ist nicht in Ordnung. Belastung hin oder her, hier wurde zu weit gegangen. Ob man dafür die gesamte Mannschaft nach Hause schicken muss, ist eine andere Frage.
Wen Polizisten privat feiern, dann geht mir das am Arsch vorbei. Viel mehr Sorgen bereiten mir Verfehlungen im Dienst, durch die auch schon mal Menschen zu Tode kommen.
Wie mittlerweile bekannt ist, kam es zu keinen Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten. Die angebliche Schlägerei mit den Wupptertaler Kollegen gab es ebenfalls nicht und die Dienstwaffen waren weggeschlossen. Also viel Lärm um nichts.
Wenn dem tatsächlich so ist (ich kann das ja nicht beurteilen), dann muss ich mich allerdings fragen, in wessen Interesse dieser viele Lärm um Nichts eigentlich ist.
Nun ja, ich werde erst einmal weiter abwarten und beobachten. Aber jedenfalls mal Danke, dass hier Jemand diesen Mist auch mal aus einer anderen Perspektive beleuchtet. Und ich bedaure es sehr, dass sich die sehr berechtigte Wut der Bürger nicht gegen die Politiker, sondern gegen die Polizisten richtet. Die meisten Polizisten können sicher Nichts für den Mist, den unsere Politiker fabrizieren. Und Arschlöcher gibt es immer, auf allen Seiten.
Quelle? Mir ist das nicht bekannt.
So lange, wie das Melden von Fehlverhalten als schlimmer angesehen wird, als das eigentliche Fehlverhalten, sollte man sich seitens der Polizei mit Relativierungen zurück halten.
“Falls hier Straftaten begangen werden, so soll und muss hier unbedingt ermittelt werden.”
Ist ja auch irgendwie nur ein notwendiger Disclaimer und keine gelebte Philosophie.
“Viel Lärm um nichts” – Na klar, deswegen wurden die Kollegen ja nach Hause geschickt, weil da nichts war .. ?!
Kritikfähigkeit ist doch kein Eingeständnis von Schwäche.
Das ist gefährlich! Ich erinnere hier mal an den Kurzroman “Die verlorene Ehre der … Braun” (sorry, ich hab den vollständigen Titel grad nicht parat, ist schon eine Weile her). Da ging es zwar nicht um die Machenschaften der Polizei, sondern um die Machenschaften einer (natürlich völlig fiktiven) Zeitung. Auch da war es so, dass, wenn Etwas in der Zeitung steht (hier: Wenn die Polizisten nach Hause geschickt wurden), dass da auch was dran sein muss. Diese Annahme ist schlicht falsch und führt zu einer Verurteilung von möglicherweise unschuldigen Bürgern.
Sollte die Polizei mich irgendwann mal verhaften, und sich das dann innerhalb von einigen Stunden als Irrtum herausstellen, erwarte ich ja auch, dass ich nicht wegen angeblicher krimineller Handlungen meinen Job verliere. Ich erwarte, dass die sehr wichtige Unschuldsvermutung mir gegenüber ernst genommen wird. Dann muss ich den Polizisten gegenüber aber genauso handeln.