G20: Sei froh, dass du nicht dabei warst! (von Stefan)
„Die Worte ‚Sei froh, dass du nicht dabei warst!‘ habe ich in den letzten Stunden immer wieder gesagt und geschrieben. Ja, ich meine es so wie ich es sage. Den Eifer derer, die zu Hause bleiben mussten (durften), in allen Ehren, aber ihr hattet Glück.
Ob ich diesen Brief schreiben soll, hat mich den ganzen Tag beschäftigt.
Ich rede nicht gern über den Dienst und es fällt mir auch jetzt wieder schwer, die richtigen Worte zu finden. Wie soll man Leuten erklären was man fühlt? Wie soll man Leuten klar machen, die in einem sicheren Umfeld leben, dass man Angst um sein Leben hatte? Ich bin ein großer starker Mann und ich bilde mir ein auch ein guter Polizist zu sein, trotzdem kam ich an meine Grenzen.
Die ganze Erfahrung ist weg gewischt, wenn du neben dir eine Kollegin zusammensacken siehst. Man will zu ihr hin und muss sich durch ein Knäul von Menschen kämpfen, die nach dir schlagen, dich schubsen. Du siehst einen zweiten Kollegen der ebenfalls zu ihr will und sie gerade noch unter einem gehobenen Bein raus zerrt.
Das geht an die Substanz, das kann ich dir sagen. Du schleppst das leblose Bündel irgendwo in Sicherheit und hörst das Gejohle und das Beifallklatschen der Leute am Rand. Sie jubeln dir aber nicht zu, nein, sie jubeln, weil Flaschen auf deinem Helm zerplatzen und du dich wie ein Hund weg duckst.
Du möchtest aufstehen und alles um dich rum zusammen schlagen. Jeden einzelnen mit ihrem dämlichen ‚Wir sind friedlich, was seid ihr‘ in die Fresse hauen. Friedlich? Die kennen nicht einmal die Bedeutung dieses Wortes.
Ja ich bin ungerecht, es gibt sie die friedlichen Demonstranten, die vor Schreck vor meiner großen Gestalt und der dunklen Uniform sofort die Köpfe einziehen.
Du blickst dich noch einmal um und siehst wie Sanitäter die Kleine versorgen.
Ok, also weiter. Vorrücken!
Du hörst die Befehle im Kopfhörer: ‚Bleibt zusammen, lasst euch nicht trennen!‘ Gut gesagt in dem Tumult. Du suchst in dem Haufen von Leuten deine Kollegen. Du siehst wie sie bedrängt werden. Dann hörst du das bekannte Geräusch und weißt sofort, verdammt, jetzt wird es nass – und genau so kommt es, die volle Ladung Wasser ins Kreuz.
Du könntest dem an der Wasserkanone ein paar Takte erzählen. Egal, ach, was kann der Kerl dafür, so genau kann man nicht zielen. Der ersten angenehmen Erfrischung weicht dem ekligen Gefühl nasser Klamotten auf der Haut. Die Uniform wird noch schwerer, der Helm und die Sturmmaske macht dich wahnsinnig und schränken dir die Sicht ein. Die Stiefel sind voll gelaufen, hmm, super Gefühl und das jetzt den ganzen Tag lang, denn die Dinger trocknen nicht von allein.
Im Kopfhörer hörst du ‚Stellungswechsel, kommt da und da hin. Sofort!‘ Du rennst, du treibst die jungen Kollegen vor dir her. Sie wissen nicht wie ihnen geschieht, funktionieren noch nicht richtig. Was bleibt übrig? Du zerrst sie mit, brüllst sie an, dass sie sich bewegen sollen. Dieses Zögern kostet Zeit und deine Kraft.
Ich mache ihnen keinen Vorwurf, so etwas kann man noch so oft trainieren, hier in freier Wildbahn sieht alles anders aus. Wieder fliegen Steine, einer prallt am Schulterpanzer ab, Schwein gehabt!
Dann siehst du diese Typen mit ihren albernen Tüchern vorm Gesicht. Sie haben Verkehrsschilder aus dem Boden gerissen, schmeißen sie nach uns oder kommen damit auf uns zu gerannt. Dein Vordermann tritt dir auf die Füße. Du drückst ihn nach vorn. ‚Kein zurück weichen!‘ Kette bilden, wieder den Wasserwerfer im Rücken.
Du musst die Augen überall haben. Wenn nur diese vielen Menschen auf der Straße nicht wären. Du denkst, du bist im falschen Film. Steht da wirklich einer mit der Bierflasche und johlt diesen Schwarzen zu? Wozu mache ich das eigentlich? Für die? Nein!
Wir stehen und warten, beobachten die Umgebung und bekommen viel mit. Vielleicht zu viel. Wir sehen das Eltern mit ihren Kindern an der Hand an der Straße stehen wo Barrikaden brennen und sich lebensgefährliche Szenen abspielen. Geht’s noch?
Gackernde Mädchen in kurzen Tops machen Selfies, werden laut wenn wir sie zur Seite schieben. Jaja, ‚Polizeigewalt‘! Dumme Gören. Du unterdrückst diese ständig neu aufflackernde Wut in dir.
Ich habe mich gezwungen diesen Brief zu schreiben, aber ich werde Euch nicht in eurer Geilheit nach Sensationen bedienen.
Ihr habt genug im Fernsehen gesehen und Euch daran ergötzt.
Ihr denkt, dass jetzt ein Dankeschön reicht. Nein! Nicht mal ansatzweise…
Wir sind Eure Helden, Eure Polizei? Für wie lange?
Ihr vergesst zu schnell. Nur wir, wir können nicht so schnell vergessen, wie es auf uns einprasselt. Ist das das Land und die Leute für die ich mein Leben aufs Spiel setze?“
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Der Autor ist uns namentlich bekannt.
Also so schlimm habe ich es mir dann doch nicht vorgestellt, obwohl selbst meine Vorstellungen schon schlimm genug war. Es wurde aber auch von einigen gewürdigt, was die Polizei alles leistet. Ich bin ja der Meinung, hier sollte die Polizei die gleichen Rechte bekommen sollte, die die Cops in Amerika haben. Wer da den Cops nicht folge leistet, bekommt die Gewalt der Cops zu spüren. Vor allem sollte man die, die hier zu uns kommen und sich etwas zu schulden kommen lassen einfach wieder in Ihr Land schicken. Jeder muß sich anpassen. Wenn ich im Ausland bin, muss ich mich auch benehmen, sonst komme ich in den Knast und der ist dort nicht wie bei uns, wie Urlaub.
schlechte idee, denn gewalt erzeugt gegengewalt und du brauchst nicht glauben, dass wenn hier schatf geschossen wird beim nächsten mal keine schafen waffen im „schwarzen block“ – was auch immer das sein soll – zu finden sein werden. ich war nicht in hamburg und bedaure diesen gewantexzess sehr, aber möglicherweise sollte man sich auch unterm jahr einmal gedanken machen, wie die polizei bürgern gegenüber aufzutreten hätte. dann wäre vielleicht auch weniger unterdrückte wut auf euren verein in den bäuchen der menschen. 100 oder 200 wahnsinnige wird es auf jeder demo geben – linke oder rechte – und auf jedem fussballspiel – aber solche ausmaße werden wir hoffentllch niemehr sehen. dennoch: vorsicht mit allmachtsfantasien, herr polizist. und wie intelligent es ist die usa als vorbild zu nenen, darüber kann sich jeder ein bild machen, der weiss wie sicher es dort im vergleich zu zentraleuropa ist.
Hat ihn jemand gezwungen Polizist zu werden? – NEIN!
Hat dich jemand gezwungen diesen unqualifizierten Kommentar abzugeben? – NEIN!
Wenn ich so einen unqualifizierten Mist höre, könnte ich mich aufregen, aber den Gefallen tue ich Euch nicht. Dazu seid Ihr mir zu doof. Es gibt auch noch Menschen, die helfen wollen, aber nicht für so einen Quatsch sich Krankenhausreif schlagen lassen wollen.
Habt Ihr kein Hirn zum denken?????
Sehr ergreifender Brief! Lässt tief blicken, wenn auch nur ein kleiner Einblick. Ich wünsch dem unbekannten Schreiber und alle, die davon betroffen sind und nur stumm den Brief bestätigen können, viel Kraft zum verarbeiten.
VG, Bb Sina
Ich kann den Polizisten verstehen. Und in den meisten Punkten dürfte er Recht haben. Aber es gibt einen Absatz in dem Brief, der mir sehr sauer aufgestoßen ist:
„Ja ich bin ungerecht, es gibt sie die friedlichen Demonstranten, die vor Schreck vor meiner großen Gestalt und der dunklen Uniform sofort die Köpfe einziehen.“
Hier stimmt was nicht mit dem Weltbild des Autors. Ein friedlicher Demonstrant ist also einer, der beim Anblick eines Polizisten sofort kuscht? Und wer das nicht tut, ist kein friedlicher Demonstrant? Ich rate dem Autor, sich mal klar zu machen, dass die zahlenmäßig meisten Demonstranten ehrenwerte Bürger sind, denen es darum geht, die Welt ein bisschen besser zu machen. Menschen, die noch genügend Idealismus besitzen, um das wenigstens zu versuchen. Menschen, die jetzt fälschlicherweise mit Idioten (oder vielleicht sogar Provokateuren) in einen Topf geworfen werden. Ich kann verstehen, dass diese Sichtweise aus dem erlebten Chaos resultiert. Aber jetzt, mit etwas Abstand dazu, sollte man wieder anfangen, klar zu denken.
Und ich versteh nicht, warum Sie den Brief ausklabüsern. Der Autor hat seine Eindrücke und Gedanken wiedergegeben.
„Aber jetzt, mit etwas Abstand dazu, sollte man wieder anfangen, klar zu denken.“
Wann beginnt der Abstand? Wenn ein Chaos beendet ist und der TV-Zuschauer so gut wie nichts mehr im Radio/TV hört und sieht? Bestimmt entsteht damit bei den Traumatisierten nicht so schnell Abstand. Sowas dauert einige Zeit.
O.k., dass Sowas Zeit braucht, da stimme ich zu. Vielleicht mehr Zeit, als ich angenommen habe. Trotzdem ist es notwendig, dass ich das „ausklabüser“. Dringend notwendig. Sonst setzt sich da was fest, was unbedingt aufgearbeitet gehört.
Die Gefahr, die ich in dem „beanstandeten“ Absatz sehe, und die ich auch in den Medienberichten ganz allgemein sehe, ist, dass durch diesen Vorfall legale und notwendige Proteste anständiger Bürger diskreditiert werden. Wenn das passiert, sind wir mental wieder im Biedermaier gelandet. Dann hätten die Extremisten auf beiden Seiten das zerstört, was wir uns hier in hunderten von Jahren mühsam aufgebaut haben. In der Türkei ist genau das in den letzten Jahren passiert. Dort wird jede Kritik an der Regierung als Terrorismus verfolgt. Auch völlig legale und demokratisch legitimierte Kritik. Seit diesem Vorfall in Hamburg sind wir auf dem besten Weg, so etwas Ähnliches auch hier in Deutschland einzuführen. Jede legale und demokratisch legitimierte Kritik an der Regierung wird in diese gewaltbereite linksextreme Ecke gestellt. Da ist der Schritt zur aktiven Verfolgung nur noch klein. Trauma hin oder her, das darf nicht passieren.
Ich bin erschüttert und mir fehlen die Worte. Niemand sollte so etwas erleben müssen. Es ist nicht nur erleben, sondern auch mit dem Erlebten leben!
Ich wäre auch einer derjenigen Demonstranten, die beim Anblick eines Polizisten vollständiger Montur den Kopf reflexartig weitmöglichst zwischen die Schultern ziehen würde. Nicht aus Angst, warum auch? Ich habe nichts zu befürchten als friedlicher Demonstrant (der ich nicht war, erstens wegen räumlicher Distanz, zweitens wäre es mir wegen der verharmlost Chaoten genannten Typen viel zu gefährlich gewesen). Für mich ein normaler „Reflex“ bei einem nicht-alltäglichen Anblick eines Menschen, der sich vor massiven Angriffen schützen können muss.
Das Weltbild des Autors ist meiner Meinung nach vollkommen in Ordnung. Vermutlich ins Wanken geraten nach den Erlebnissen, was nur zu verständlich ist!
Danke, dass ihr trotzdem immer wieder da seid, fair bleibt, Staatsbürger in uniform bleibt.
Ich las den Brief und überlegte erstmal was der Autor ausdrücken will. Verwundert, irritiert waren nur zwei Worte, die meine Überlegen kennzeichneten. Da fiel mir ein, dass regelmäßig bei Feuerwehreinsätzen es ebenso mit Sensationsgeilen zu tun hatten. Gaffer, die keine Absperrung interessiert, Leute, die noch lauthals Witze reißen, während anderen ihr Hab und Gut, zerstört wird…
Den Vogel schoss einer ab, der angefangen hatte zu grillen, während ein paar Meter weiter ein Haus in Flammen steht. Geschmacklos! Zum Glück, gab es vor zwanzig Jahren noch Handykameras, aber man sah häufig Fotoapparate, um das Geschehene für die Nachwelt festzuhalten.
Lasst die eingesetzten Beamten erstmal wieder zur Besinnung kommen, der Stress sucht sich sonst das unpassendste Ventil um Dampf abzulassen. Nicht wenige sind nur äußerlich unverletzt, das muss erst einmal heilen. Gute Besserung den Beamten! Leider kann ich Euch nur dies und meine Hochachtung geben.
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