Grenzen der Belastbarkeit: Streifenwagen zu klein geraten
Die Polizei stößt an immer mehr Grenzen, doch heute soll es uns nicht um die zunehmende Gewaltbereitschaft des polizeilichen Gegenübers gehen, oder um die Überstundenberge, sondern um die rollenden Büros, welche die Streifenwagen für uns Polizisten nun einmal sind.
Wir haben schon darüber berichteten, dass in manchen Bundesländern die (neuen) Streifenwagen einfach zu klein geraten sind. Entweder ist zu wenig Platz im Fahrgastraum, so dass auch große Personen vorne und hinten Platz hätten, ohne sich die Glieder verdrehen zu müssen (wie zum Beispiel die BMW 3er in Nordrhein-Westfalen oder (wie auf dem Bild) in Bayern), oder der Kofferraum lässt nicht genug Platz, um die umfangreiche Ausstattung unterbringen zu können (Beispiele wie zuvor).
Die Polizisten im Streifendienst müssen immer mehr Gerätschaften und Schutzbekleidung mit sich führen. Wo es früher mit einem Maßband, ein paar Blitzleuchten, Absperrhüten und Absperrband vollkommen genügte, kamen in den vergangenen Jahren immer weitere Ausstattungsmerkmale hinzu. Gerade die terroristische Gefährdung zwang die Polizei dazu, ihre Beamte noch besser schützen und so kamen und kommen nun auch noch Anti-Terrorausrüstung hinzu, wie schwere Schutzausstattung (inkl. Titanhelmen) für je zwei Polizisten und die Maschinenpistolen.
Das alles braucht Platz, und zwar im Kofferraum, und lastet zusätzlich auf Achsen und Federung der Fahrzeuge. Das Handling wird schwieriger in den Grenzbereichen, in denen sich die Streifenwagen auf eiligen Blaulichtfahrten bewegen müssen, manchmal sind die Fahrzeuge aber mit dem Gewicht auch völlig überfordert, da nicht dafür ausgelegt. Unwissende raten zwar, manches auf den Rücksitzen zu deponieren, so verteile sich das Gewicht besser, aber das zeugt tatsächlich nur von Unwissenheit.
Denn wohin mit allen den Dingen auf dem Rücksitz, wenn wir einen Fahrgast zusätzlich haben?! Und damit meinen wir nicht nur Praktikanten, die freiwillig im Polizeifahrzeug Platz nehmen, sondern zum Beispiel einen Festgenommenen, der hinten rechts Platz nimmt und hinten links von einem Kollegen bewacht werden muss? Wohin dann mit all den Sachen, wenn im Kofferraum kein Platz ist? Zudem lasten die hintere Passagiere zusätzlich auf der Hinterachse.
Als Beispiel für die Absurditäten, mit denen wir Polizisten uns herum schlagen müssen, sei eine Streifenwagenposse aus Rheinland-Pfalz erwähnt. Wie wir berichteten, müssen die dortigen Audi-Streifenwagen mit stärkeren Heckfedern ausgerüstet werden, da die Anti-Terrorausrüstung diese allzu sehr belastet. Audi hatte damals durch starke Nachlässe die Ausschreibung gewonnen und der Dienstherr wähnte sich darin ein Schnäppchen geschlagen zu haben – natürlich zum Wohle des Bürgers, der mit seinem Steuergeld die Streifenwagen bezahlt (und natürlich zum Wohle der Schuldenbremse).
Durch die Nachrüstung der Heckfederung musste nun zusätzliches Geld in die Hand genommen werden. Der Rabatt schmolz langsam dahin. Doch damit nicht genug. Nun sollen die Audis auch noch mit einer Heckfahrkamera nachgerüstet werden. Offizieller Grund hierfür: Zum Zwecke der Übersichtlichkeit und Sicherheit der Streifenwagenbesatzung ersannen Polizeitechniker ein ausgefeiltes Aufbewahrungssystem mit Schubladen, Klappen und Ablageflächen im Kofferraum. Doch nun war für die persönliche Ausrüstung der Beamten kein Platz mehr.
Die Einsatztaschen konnten allenfalls noch in den verbliebenen Raum gequetscht werden, wenn sie überhaupt noch hinein passten. Also auf die Rückbank damit, wobei wir wieder beim zuvor beschriebenen Problem zusätzlicher Fahr-“gäste” wären. Es wird also eng im Heck und der Innenspiegel taugt allenfalls zur Zierde. Dies ist auch sehr gut auf dem Bild aus Bayern mit dem 3er BMW zu sehen. Das Problem gibt es also hüben wie drüben.
Aus diesem Grunde sollen die Audi A4 in Rheinland-Pfalz eine Rückfahrkamera erhalten. Erneute (zweite) Nachrüstung. Doch damit immer noch nicht genug. So warnt das “Sachgebiet Fahrzeugwesen” in einer Rundmail die Streifenbeamten, dass trotz Nachrüstung immer noch die Überladung droht.
Wenn nämlich ausnahmsweise mal tatsächlich vier Personen im Fahrzeug Platz nähmen (und das kann passieren, wenn zwei Polizisten einen Praktikanten mitnehmen und dann noch jemanden festnehmen müssen), dann dürften die vier Personen jeweils nur maximal 75 kg auf die Waage bringen, ansonsten drohe die Überladung, was eine Gefahr für die Insassen und das Polizeigefährt bedeuten kann.
Alles nicht so schlimm, meint jedenfalls das Innenministerium, denn die Straßenverkehrsordnung nehme die Polizei von dessen Regelungen aus, “soweit dies zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dringend geboten ist”.
So kann man es auch sehen… Immerhin ist dort nun trotzdem klar geworden, dass der Audi A4 doch kein so tolles Schnäppchen war und man möchte ab April 2019 neue Streifenwagen ausliefern. Ob diejenigen, die mit diesem rollenden Büro unterwegs sein müssen, auch gefragt werden, was sie brauchen und was nicht, das wurde nicht verraten.
Nordrhein-Westfalen ist da immerhin schon einen Schritt weiter, da man ähnliche Probleme vom BMW 3er kennt. Dort fand kürzlich ein Probelauf mehrerer Streifenwagenhersteller statt, vom Kombi bis zum Minivan war dort alles dabei und die Polizisten durften die Polizeifahrzeuge in spe ausgiebig testen. Ein Ergebnis dieses Tests ist noch nicht bekannt.
Wir sind uns natürlich bewusst, dass im Ausland nicht alles besser ist. Aber wie wäre es mal damit, dass die Fahrzeughersteller auf die Polizei und ihre Bedürfnisse zugeschnittene Fahrzeuge bauen wie in den USA, anstatt Standardmodelle in Behördenausstattung ausgeliefert werden, die nur um ein paar kleine Extras ergänzt wurden? Zumindest eine Beteiligung der zukünftigen Nutzer wäre doch wirklich nicht zu viel verlangt. Da zeigt NRW tatsächlich, wie man es besser machen kann.