Gedanken eines Polizisten zum LADG: Diskriminierung per Definition oder Teil der Polizeiarbeit?
Wir haben schon einige Male über das Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) in Berlin berichtet, insbesondere auch deswegen, weil u.a. Polizisten in ihrer Arbeit dadurch behindert werden und Verstöße gegen das Gesetz auch jeden Beamten treffen könnte, der von außerhalb Berlins zum Unterstützungseinsatz in Berlin eingesetzt wird.
Die Kritik ebbt nicht ab und die Meldungen dazu werden von uns Polizisten aufmerksam verfolgt. Doch nicht nur deutsche Polizisten beobachten die Lage, auch im Ausland macht man sich über das Warum Gedanken. Dazu erhielten wir den folgenden Leserbrief eines Kollegen aus dem europäischen Ausland:
“Diskriminierung per Definition oder doch vielleicht nur Teil von Polizeiarbeit?
Wie schwer die Polizeiarbeit ist, möchte ich ihnen mit diesem Beispiel erklären. Danach können sie selbst entscheiden.
Stellen sie sich vor, sie sind mit ihrer Arbeitskollegin oder Kollegen auf einer Patrouillenfahrt. Sie befinden sich in der Nähe des Markplatzes. Über Funk werden sie nun informiert, dass ganz in der Nähe eine ältere Frau überfallen würde. Laut Beschreibung des Opfers, handelt es sich beim Täter um
– eine männliche Person zwischen 25-30 Jahre
– kurzes blondes Haar
– blaues T-Shirt.Laut Opfer ist der Täter Richtung Marktplatz geflüchtet. Da sie in der Nähe sind, kontrollieren sie jetzt diesen Marktplatz.
Vor Ort sehen sie nun 3 männliche Personen zwischen 25-30 Jahren, kurzes blondes Haar und ein blaues T-Shirt.
Was machen sie? Sie haben 3 Optionen.
Option 1:
Sie kontrollieren alle 3 Personen und stellen ihre Identität fest. Danach lassen sie alle 3 gehen. Sie haben zwar die Identität der Personen, die Möglichkeit, dass einer der 3 der Täter war besteht zwar, aber es kann ebenfalls sein, dass sie alle 3 Personen diskriminiert haben, weil sie männlich sind, zwischen 25-30 Jahre alt sind, kurzes blondes Haar haben und ein blaues T-Shirt trugen. Wenn einer der 3 der Täter ist, kann es sein, das dieser sich absetzt und sie nie wieder die Möglichkeit bekommen ihn zu verhören. Den Fall zu lösen wird somit erschwert.
Option 2:
Sie kontrollieren die 3 Täter, stellen die Identität fest und berauben alle 3 kurzfristig ihrer Freiheit, um die 3 mit zum Opfer zu nehmen, damit sie den Täter vielleicht erkennt.Jetzt besteht die Möglichkeit, dass keiner der 3 der Täter ist, also haben sie alle 3 diskriminiert und kurzfristig ihrer Freiheit beraubt.
Es besteht jedoch auch die Möglichkeit, dass einer der 3 der Täter war, also haben sie den Fall gelöst und trotzdem haben sie 2 der 3 Personen diskriminiert und kurz ihrer Freiheit beraubt.
Option 3:
Sie sehen die 3 Personen, da sie jedoch niemanden diskriminieren wollen, schliessen sie die Augen und gehen weiter. Jetzt haben sie zwar keinen diskriminiert, sie habe jedoch auch keinen Fall gelöst.Stellen sie sich jetzt noch vor, nachdem sie die Augen geschlossen haben, kommen sie zur Dienststelle zurück und es wird ihnen mitgeteilt, dass die ältere Frau beim Überfall dermassen verletzt wurde, dass sie später verstorben ist.
Jetzt haben wir zwar niemanden diskriminiert, haben jedoch einen Überfall mit Todesfolge. Kann ihr Gewissen ihnen dies jemals verzeihen, da sie ja wissen, dass die Möglichkeit bestand, den Täter zu schnappen?!
Jetzt ersetzen sie die Hautfarbe der Täter. Dann begehen sie bei allen Beispielen nicht nur eine Diskriminierung, sondern es wird ihnen auch noch Rassismus vorgeworfen. Da sie ja zwei oder vielleicht 3 unschuldige Personen nur wegen ihrer Hautfarbe und der passenden Beschreibung kontrolliert haben.
Schlussfolgerung:
Wie entscheiden sie sich nun? Wollen sie ein Polizist sein, der seine Arbeit macht und gegebenenfalls Personen wegen ihrem Aussehen und der passenden Beschreibung ‘diskriminieren’ muss oder wollen sie ein Polizist sein, der niemanden diskriminiert und es vorzieht keine Probleme zu bekommen. Es liegt an ihnen. So oder so, die Arbeit und die dazugehörenden Entscheidungen sind nicht einfach.”
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Der Autor ist uns namentlich bekannt, möchte jedoch anonym bleiben.
In einem demokratischen Staat sollte es möglich sein, dass Polizisten Personenkontrollen und Festnahmen durchführen können, unabhängig vom kulturellen Hintergrund, ohne gleichzeitig als rassistisch beschimpft zu werden. Personenkontrollen gehören zum Alltag und werden auch routinemäßig durchgeführt. Menschen, die kurzzeitig festgenommen wurden, werden auch wieder freigelassen, wenn keine Haftgründe vorliegen oder aber der Verdacht sich nicht bestätigt. Ich finde, das hat erst einmal nichts mit Extremismus oder Diskriminierung zu tun. Der Berliner Senat bringt mit seinem Gesetz gleich alle Beamten unter Generalverdacht, die Gleichheit vor dem Gesetz nicht zu beachten.
Ich denke, Deutschlands Probleme liegen darin begründet, dass die Vergangenheit nie wirklich aufgearbeitet wurde. Einerseits ist dieses Gedankengut noch in den Köpfen extremistischer Gruppen und Parteien. Dasselbe haben wir auch in der anderen Ausrichtung. Die Mehrheit der Bevölkerung hat Angst, wieder in diese Schublade gedrängt zu werden. Es ist mittlerweile keine sachliche, differenzierte Diskussion mehr möglich, ohne das manche Leute jemanden direkt in eine bestimmte politische Ecke einsortieren. Normal ist das auch nicht. Aufarbeitung würde bedeuten, eine offene, ehrliche, von Respekt geprägte Diskussion anzuregen in unserer Öffentlichkeit. Das würde vielleicht auch helfen, die Vergangenheit heilsam aufzuarbeiten. Die aktuellen Berichterstattungen und politischen Entscheide sind momentan weit davon entfernt. Gerade auch für die älteren Generationen und für Menschen, die hier zu uns kommen und Schutz suchen, könnte dies eine echte Chance sein, ihre traumatischen Erlebnisse zu verarbeiten. So wie es aktuell läuft, funktioniert das nicht und spaltet unsere Gesellschaft weiter.
Moinsen,
ich finde es beeindruckend mit welcher Leichtigkeit Sie/sie damit leben, dass Sie/sie Leute Ihrer Freiheit berauben (wenn nichts vorliegt können die ja irgendwann auch wieder gehen). Stellen Sie sich mal vor (geht ja leider wegen Ihres Berufes nur hypotetisch): Sie wollen zum Sport und werden festgenommen weil Sie irgendwem ähnlich sehen – werden Ihrer Freiheit beraubt – nur so. Wie würden Sie das wohl finden?
Mir macht Ihre argumentation Angst und ich denke sie ist Teil des Problems.
Ich denke Herr Boyd, sie sind Teil des Problems. Ihre nicht vorhandene Empathie mit dem Opfer einer Straftat, aber dafür stark ausgeprägtem Egoismus. Hoffentlich werden sie selbst nie Opfer einer Straftat oder müssen irgendwie sonst dir Hilfe der Polizei in Anspruch nehmen.
Hallo Herr Bremer, Empathie ist vielleicht tatsächlich ein Schlüssel – versuchen sie/Sie doch mal auch einen Teil der Empathie auf die Menschen zu richten, die Sie/sie mit Ihren Aktionen an der Führung ihres Lebens hindern obwohl es überhaupt NICHTS vorwerfbares gibt. Auch wenn es IHnen nicht bewusst sein sollte – Sie/sie fügen Menschen Schaden zu (selbst erlebt – materieller (Kundenverlust, der sich auch über 10 Jahre nicht wieder korrigieren lie?) Übrigens wurde ich schon mehrfach Opfer von Straftaten, allerdings nur Diebstahl und Sachbeschädigungen – und die Erfahrungen damit haben glaube ich nichts mit den derzeitigen Problemen zu tun (wobei ich dort keine Empathie der aufnehmenden Beamten erfahren durfte – eigentlich eher herablassendes