Neues Polizeigesetz für Bremen: Viel Licht, aber auch Schatten
In Bremen wird gerade über ein neues Polizeigesetz diskutiert und die Änderungen sind nicht unumstritten. Während Innensenator Ulrich Mäurer es einen „fairen Kompromiss“ nennt, heißt es aus der Opposition, der Tag der Verabschiedung könnte man als einen „fatalen Tag für die Polizei“ bezeichnen.
Zugeben, einige Änderungen sind zeitgemäß und sinnvoll, andere schwächen tatsächlich die Arbeit der Bremer Kollegen, ganz besondere im präventiven Bereich, eigentlich der wichtigsten Aufgabe der Polizei. Hier die beabsichtigten Änderungen:
Die Telekommunikationsüberwachung wird nun auch zu präventiven Zwecken ermöglicht, allerdings besteht in jedem Fall ein Richtervorbehalt und überwacht werden darf nur wenn schwere Straftaten oder Lebensgefahr befürchtet werden. Quellen-TKÜ, Staatstrojaner und Entschlüsselung von Chats bleiben weiterhin tabu.
Die bisherige Videoüberwachung öffentlicher Bereiche darf ausgebaut werden und ist nicht nur an gefährlichen Orten möglich, sondern temporär auch bei Großveranstaltungen. Das Videomaterial darf 30 Tage lang gespeichert werden und muss dann gelöscht werden. Eine Gesichtserkennungssoftware darf nicht eingesetzt werden.
In Fällen häuslicher Gewalt haben es Polizisten zukünftig leichter, den Täter aus dem Haus oder der Wohnung zu verweisen. Eine Verweisung war bislang nur möglich, wenn „eine unmittelbare, gegenwärtige Gefahr“ für das Opfer bestand, nun soll eine „konkrete Gefahr“ ausreichen.
Auch der Datenschutz soll gestärkt werden. So ist es zukünftig eine Ordnungswidrigkeit, wenn Polizisten gegen Datenschutzvorschriften verstoßen und wer zu privaten Zwecken die Informationssysteme der Polizei nutzt, begeht eine Straftat. Hierzu bekommt der Datenschutzbeauftragte eine umfassende Aufsichts- und Kontrollbefugnis.
Eine Ingewahrsamnahme darf zukünftig bis zu 96 Stunden andauern. Sollte der Gewahrsam länger als 24 Stunden andauern, hat die in Gewahrsam genommene Person Anspruch auf einen Rechtsbeistand.
Das waren die eher positiv zu bewertenden Änderungen, kommen wir nun zunächst zu den eher neutral zu bewertenden Änderungen und dann zu den Verschlechterungen:
Ein Polizeibeauftragter soll als neutrale Instanz Fehlverhalten durch Polizisten überprüfen und untersuchen dürfen, wobei hier sowohl Fehlverhalten von Polizisten gegenüber Bürgern, als auch innerpolizeiliches Fehlverhalten gehören sollen. Wie weitreichend die Befugnisse des Polizeibeauftragten sein sollen, ist uns nicht bekannt.
Für Polizisten wird die Ausweis- und Kennzeichnungspflicht gesetzlich festgeschrieben, wobei für die Bereitschaftspolizei die Kennzeichnung nicht nur für Großeinsätze gelten soll, sondern auch für alltägliche Einsätze.
In einer Zuverlässigkeitsprüfung sollen nicht nur bei Bewerbern der Polizei auf demokratiefeindliche Einstellungen geprüft werden, dies gilt im Siebenjahresturnus auch für alle andere Beamten und Angestellten der Bremer Polizei, zumindest stichprobenartig.
Die „anlasslose Kontrollen an kriminalitätsbelasteten Orten“ werden abgeschafft, ebenso wird das „Racial Profiling„ untersagt. Jede kontrollierte Person bekommt das Recht auf eine Kontrollquittung, auf der der Grund der Kontrolle aufgeführt sein muss.
Die rot-grün-rote Regierungskoalition hat den Entwurf des neuen Polizeigesetzes vorgelegt, dieser soll im Juli im Parlament beraten werden.
Man kann über jeden einzelnen Änderungspunkt diskutieren und anderer Meinung sein. Die Abschaffung der anlasslosen Kontrolle ist definitiv eine Schwächung der polizeilichen Präventionsarbeit, ganz besonders deshalb, weil es die Orte betrifft, an denen sowieso erfahrungsgemäß mehr Straftaten begangen werden als an anderen.
Und wozu soll eine Kontrollquittung gut sein?! Jedem Kontrollierten wird der Anlass während der Kontrollmaßnahme erklärt. Eine Quittung spielt doch nur denjenigen in die Hände, die Polizisten Diskriminierung oder Rassismus vorwerfen, egal ob berechtigt oder nicht. Und da sind wir wieder beim Generalverdacht „latenter Rassismus in der Polizei„.
Rot-rot-grün, egal in welcher Konstellation, immer dasselbe Elend. In Berlin, Bremen…Statt gewaltpräventive Maßnahmen für Straftäter auszubauen, ist man fleißig damit beschäftigt, diese zu schützen und dafür die Polizei unter Generalverdacht zu stellen. Nicht nur unsere Gesellschaft, auch in der Politik krankt es mittlerweile erheblich, mein Eindruck. Was bitteschön soll beispielsweise auf den Quittungen stehen bei den Kontrollen? So etwas wie:“Sie wurden kontrolliert, weil Sie gegen das und das Gesetz verstoßen haben und nicht weil Sie aus dem Ausland stammen, dunkelhaarig sind oder einen ausländischen Namen tragen.“(Zitatende) Also wirklich, gehts noch? Wozu dient denn die Kennzeichnungspflicht von Polizeibeamten? Jeder Polizeibeamte ist als solches schon zu erkennen und zeigt auch auf Wunsch seinen Dienstausweis. Die meisten stellen sich sowieso namentlich vor. Ich selbst gehe davon aus, wenn ein Polizeibeamter vor mir steht, dass dieser „echt“ ist. Ach ja und ausländische Kriminelle dürfen jetzt gar nicht mehr kontrolliert werden aufgrund des racial profiling? „Das ist ja mal eine gute Idee. Herzlichen Glückwunsch.“ (ironisch gemeint) Dann gehe ich davon aus, dass alle in Deutschland geborenen Bürger oder Inhaber des deutschen Personalausweises bald auswandern oder Anzeigen stellen wegen Diskriminierung ihrerseits. Oder dürfen wir das dann auch nicht mehr, Anzeigen stellen, nur eben den Polizeibeamten beanzeigen? Diese Gesetze sind im Übrigen ungerecht, auch gegen alle gut integrierten Mitbürger aus dem Ausland. Schon daran gedacht, liebe Regierung? Ach ja, was die positiven Gesetzesänderungen betrifft, würde ich genauer nachhaken, ob Polizeibeamte diese allen Mitbürgern gegenüber anwenden dürfen oder aufgrund racial profiling, den ausländischen Mitbürgern gegenüber nicht? Das würde ich abklären.
Liebe rot-rot-grün Politiker: Wir sollten Sie mindestens alle 4 Jahre durch einen unabhängigen, parteilosen Bürgerbeauftragten turnusmässig überprüfen lassen, ob Sie alle noch in der Lage sind, eine vernünftige, auf den gesunden Menschenverstand basierende, bürgerorientierte und demokratische Politik zu machen, in der die Menschenrechte für ALLE gelten. Die Betonung liegt auf „für ALLE“. Daran habe ich nämlich erhebliche Zweifel bekommen. Im Übrigen schadet diese Politik auch Polizeibeamten, die ausländische Wurzeln haben und sich entschieden haben, unserem Land und unserer Demokratie zu dienen. Im höchsten Sinne ungerecht. Denn sie werden ja auch mit unter Generalverdacht gestellt, nur weil sie dieser Berufsgruppe angehören. Im Übrigen zählt Rassismus auch zur Form der Diskriminierung. Insofern fallen die Vorschläge zu diesen Gesetzesänderungen an der anderen Seite herunter, wie man so schön sagt, wenn die Gesetze statt der ausländischen Mitbürger jetzt Polizeibeamte diskriminieren. Diskriminierung bleibt Diskriminierung, egal ob es sich um Rassismus oder um die Diskriminierung einer Berufsgruppe handelt. Beides ist verwerflich und unfair allen gegenüber.
Denken vor blindem Aktivismus kann gerade in der Politik hilfreich sein.