Offener Brief an Saskia Esken: Ihr Rassismusvorwurf ist ein Schlag ins Gesicht aller Dienst leistenden Sicherheitskräfte

9. Juni 2020 um 18:55
Offener Brief an Saskia Esken: Ihr Rassismusvorwurf ist ein Schlag ins Gesicht aller Dienst leistenden Sicherheitskräfte

Das Bild zeigt Kollege Lothar beim Blauhelmeinsatz in Bosnien mit einem Kollegen aus Ghana.

Sehr geehrte Frau Esken,

nach 41 Jahren Polizeivollzugsdienst gehe ich demnächst in den Ruhestand. Es wurde dabei mehrmals versucht, mich in der Ausübung meines Dienstes umzubringen. Das gehört eben zu unserem Beruf. Ich leistete in der Großstadt genauso Dienst, wie im ländlichen Bereich oder bei der Kriminalpolizei. Habe für die Vereinten Nationen, sowie für das Auswärtige Amt im Ausland mehrmals Dienst geleistet.

Ich war an vorderster Front beim G8, G7, Fußballweltmeisterschaft usw. usw. Ich kann ihnen versichern, weder bei meinen Kollegen mit oder ohne Migrationshintergrund, noch bei meinem polizeilichen Gegenüber spielte die Hautfarbe eine Rolle.

Die überwältigende Mehrheit der über 300.000 Polizistinnen und Polizisten würde für jeden schwarzen Schüler beim Amoklauf das Leben Opfern; und haben das auch schon manchmal getan. 2015 wurde Deutschland um seine Innere Sicherheit und Aufnahmebereitschaft bei der Flüchtlingskrise bewundert. Gerade die Polizeien des Bundes und der Länder haben hier rund um die Uhr den Flüchtlingstreck betreut und versucht, Ordnung in das Chaos zu bringen.

Hat sich da latenter Rassismus breit gemacht, als wir den Menschen in der Not halfen?

In all den Jahren habe ich viele „Schwarze, Weiße, Gelbe und braungebrannte (Touristen) Menschen kontrolliert. Immer hatte dies einen Grund und war Teil meiner zugewiesenen Aufgaben. Glauben sie denn ernsthaft, dass wir einen organisierten latenten Rassismus in den eigenen Reihen haben? Das kann doch nicht ihr Ernst sein!! Eine pauschalisierte Aussage von Ihnen, die von “latentem Rassismus in den Reihen der Sicherheitskräfte“ spricht, ist ein Schlag ins Gesicht aller Dienst leistenden Sicherheitskräfte.

Ich will nicht verhehlen, dass es auch in unseren Reihen Weltverschwörer, Rechtsradikale und Rassisten gibt. Das wäre doch bei über 300.000 Polizeibeamten widersinnig, wenn es nicht so wäre. Aber sobald dies bekannt wird, versuchen wir diese aus dem Dienst zu entfernen. Oftmals gelingt es aufgrund der richterlichen Rechtsprechung nicht.

Ich bin die letzten Jahren als Polizeifachlehrer damit betraut worden, junge Menschen als Polizisten auszubilden. Die junge Generation kennt keine Grenzen, Rassen und ist polyglott. Wir haben mittlerweile viele MitarbeiterInnen mit Migrationshintergrund und sind nicht zur Stolz auf sie, sonder sie sind auch eine große Bereicherung. Glauben Sie, dass diese Generation Rassisten sind?

Sprechen sie den Ärzten einen latenten Hang zum Sexismus, Kindesmissbrauch und Vergewaltigung ebenfalls zu. Ja auch solche Ärzte gibt es. Aber keiner käme auf die Idee, dieser Berufsgruppe latenten Sexualmissbrauch vorzuwerfen. Aber gegenüber der Polizei tun Sie das gerade.

Zum Schluss ein Zitat einer Algerierin mir gegenüber. Sie hatte eine Anzeige wegen Häuslicher Gewalt erstattet.

‘In Algerien wäre ich mindestens aus der Wache geschmissen worden, oder sogar sexuell missbraucht, wenn ich eine Anzeige erstattet hätte. Die Deutsche Polizei fährt mich auch noch nach Hause. Welch ein schönes Land, ich danke ihnen.’

Vielleicht überdenken Sie ihre (vielleicht unüberlegte) Aussage noch einmal.

Freundliche Grüße

Lothar Riemer
(Bayrischer Schutzmann)”