Zwei Jahre später: Polizist soll wegen Totschlags angeklagt werden
Der Vorfall liegt schon zwei Jahre zurück und eigentlich war die Sache längst abgeschlossen. Nun aber wurde bekannt, dass ein Polizist doch wegen Totschlags angeklagt werden soll. Die lange Zeitspanne lässt Fragen offen.
Es war im Dezember 2018, als eine Streife der Polizei Bochum (Nordrhein-Westfalen) zum wiederholten Male zum Stadtteil Altenbochum gerufen wurde. Ein Mann sollte dort randalieren.
Die Polizisten konnten den 74-Jährigen auf der Straße antreffen. Während der polizeilichen Maßnahme soll der Mann an seinen Hosenbund gegriffen und eine Pistole hervor geholt haben. Damit zielte er dann auf die Beamten.
Der Polizeihauptkommissar soll das Feuer eröffnet und dreimal auf den 74-Jährigen geschossen haben. Der Mann starb daraufhin. Wie sich herausstellte, handelte sich nicht um eine scharfe Pistole, sondern um ein als Pistole getarntes Feuerzeug.
Das Polizeipräsidium Essen hatte aus neutralitätsgründen die Ermittlungen übernommen und später mit der Staatsanwaltschaft Bochum die Einstellung des Verfahren verkündet. Man ging von einer Notwehrsituation für den Schützen aus.
Die Hinterbliebenen wollten das so nicht hinnehmen und ließen ihren Anwalt ein Klageerzwingungsverfahren anstreben. Mit Erfolg. Der Polizist soll nun, zwei Jahre später, doch wegen Totschlags angeklagt werden. Das bestätigte nun das Oberlandesgericht Hamm.
Laut Autopsiebericht soll nur der letzte Treffer tödlich gewesen sein und laut Anwalt der Familie soll dieser nicht notwendig gewesen sein. Zudem sei der Senior psychisch krank gewesen, was angeblich der Polizei bekannt gewesen sein soll. Dies soll laut Anwalt nun für eine Verurteilung des Polizisten genügen.
Der Polizeihauptkommissar wurde nach Bekanntwerden der angestrebten Anklage vom Dienst suspendiert.
Wir möchten das Strafverfahren und das Zustandekommen gar nicht kommentieren. Auch, dass die Familie jemandem die Schuld geben möchte, soll hier nicht das Thema sein. In einem Rechtsstaat muss so etwas möglich sein. Allerdings stellt sich schon die Frage, warum das zwei Jahre dauern musste.
Und hat sich mal irgendwer die Frage gestellt, was das mit dem Kollegen anstellt? Wegen ihm ist ein Mensch gestorben, was schon wer genug zu ertragen ist. Dann hatte der Mann nicht einmal eine scharfe Waffe. Wäre zu erkennen gewesen, dass es sich um ein Feuerzeug handelte, wäre es doch nie zum Schusswaffengebrauch gekommen.
Und nun, zwei Jahre später, wird er suspendiert und muss sich einem Strafverfahren mit offenem Ausgang stellen – obwohl zuvor von einer Notwehrsituation ausgegangen wurde. Disziplinarverfahren inklusive. Das stellt etwas mit dir an.
Wir können nur hoffen, dass das Verfahren schnell eröffnet und – wie auch immer – beendet werden kann und sich die Sache nicht noch ein paar weitere Jahre hinzieht!
Wie schon im Artikel gesagt, braucht man die Erzwingung des Verfahrens durch die Hinterbliebenen nicht kommentieren. Das ist geltendes Recht.
Auch dass nun ein Gerichtsverfahren alles nochmals aufrollt, ist rein rechtsstaatliches Handeln. Das muss man – auch wenn es einem manchmal als handelnde Amtsperson aus besagten Gründen persönlich schwer fällt – hinnehmen.
Was hier bitter und in letzter Zeit sehr auffällig zu Tage tritt, ist die Reaktion des Dienstherrn.
Vor zwei Jahren hat die Staatsanwaltschaft in dem Schusswaffengebrauch eine rechtlich legitime Notwehr gesehen. Punkt!
Dass Hinterbliebene mit einer solchen Situation nicht abschließen können oder wollen ändert nichts an der Rechtseinschätzung der Staatsanwaltschaft.
Es stellt sich die Frage, wieso es nun zwei Jahre danach etwas an der Einschätzung des Dienstherrn änderen sollte?
Zzt. scheinen sich politisch Verantwortliche als Getriebene zu sehen. Dieses Handeln fördert m. E. die teils abstruse Eskalation der Polizei-Kritik (teilweise sogar Hetze) in unserem Land und dürfte nach außen wirken wie eine Bestätigung, dass da doch “etwas faul” gewesen sein müsse.
Der Schaden, den man durch überzogene, dienstrechtliche Konsequenzen (die dann später auch mal schnell wieder zurückgenommen werden müssen) am Bild unserer Polizei hinterlässt, scheint derzeit nicht im Fokus der Handelnden zu stehen.
Ist es schon so weit… haben gewisse gesellschaftliche Kreise es geschafft, dass von denen, die es doch besser wissen sollten, nur noch reflexhafte Reaktionen statt sinnhafte Aktionen zu erwarten sind?
Das Klima zu unseren Polizei-Themen hat sich sichtlich gewandelt. Es besteht die große Gefahr, dass man das rechtsstaatliche Maß verliert. So wird aus einer guten Polizei vielleicht irgendwann eine eingeschüchterte, passive “Verwaltungs-Polizei”. Der Sicherheit in unserem Land wird es dann nicht dienlich sein.
Euer PolarÜ (Polizist aus rechtsstaalicher Überzeugung)